Reise zu Gemeinden und Verleihstationen in Oberschlesien im Mai 2023

Im Rahmen des Berichts unserer diesjährigen Schlesienreise vom 15. bis 19. Mai 2023 möchten wir zunächst die Struktur der Evan- gelisch-Augsburgischen Kirche in Polen erläutern. Unter dem leitenden Bischof in Warschau werden 6 Diözesen mit knapp 60.000 Gemeindemitgliedern durch weitere 6 Bischöfe geleitet. Zusätzlich gibt es einen Militärbischof. Unser Besuch konzentrierte sich auf die Diözese Kattowitz, die mit fast 13.000 Gemeindemitgliedern in 41 Gemein- den, mit 57 Kirchen und 13 Kapellen und 31 Pfarrern organisiert ist. Seit einem Jahr werden auch in Polen Frauen ordiniert. 


Pople/Oppeln

In der Diözese Kattowitz gibt es jetzt eine ordinierte Pfarrerin. In der Diözese Kattowitz haben wir zuerst die Gemeinde Opole/Oppeln (223 Gemeindemitglieder) mit Pfarrer Pracki besucht. Im Gespräch wurde die Steigerung der Energiepreise von über 300% genannt, die bereits vor Kriegsbeginn vollzogen wurde. Die Inflation bewegt sich auf hohem Niveau von 16-20%. Die Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge mit allem Nötigen, wie Wohn- raum und Möbeln, Nahrung und Kleidung sind weitere Punkte, die angesprochen wurden. Die Gruppe der Flüchtlinge setzt sich fast ausschließlich aus Frauen, Müttern, Kindern und Senioren zusammen. Die Kleiderkammer wurde aufgelöst, die Räumlichkeiten wurden vermietet, um ausfallende Mieteinnahmen zu kompensieren. Eine zusätzliche Herausforderung sind die ehren- amtlichen Gemeindemitglieder, die alters- bedingt diese Aufgabe nicht mehr über- nehmen können. 

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Ein wesentlicher Gesprächsteil ging um die Verleihstation von Rehageräten. Im Augen- blick gibt es keine neuen Bedarfe. Die Gemeinde kauft pro Jahr mit eigenen Mitteln ein Bett. Dabei kommt den Gemeinden in Polen zugute, dass der Prozentsatz für steuerbegünstige Spenden von 1% auf 1,5% angehoben worden ist. 

 

Die Jugendarbeit war ein weiteres Gesprächsthema. Die Gemeinde Oppeln hat eine umfangreiche und rege Jugendarbeit, z.B. Rüstzeiten für Kinder und Jugendliche, eine Woche gemeinsame Sommerferien und Ausflüge. Die Gemeinde hat vier Konfirmanden. Pfarrer Pracki ist seit dem vergangenen Jahr für die Durchführung der Konfirmandenfahrten der Diözese nach Wittenberg und Eisenach zuständig. Im letzten Jahr waren 80 Jugendliche auf dieser Reise dabei. 


Świętochłowice/Schwientochlowitz

Die nächste Station unserer Reise war Świętochłowice/Schwientochlowitz (115 Gemeindemitglieder) mit Pfarrer Olencki. Auch hier wurde die Energiepreissteigerung als Herausforderung genannt. Mit Hilfe des Gustav-Adolf-Werks wird die Gasheizung renoviert. Die Gemeinde unterstützt die Ukraineflüchtlinge materiell und seelisch. Die Gesamtsituation von Pfarrer Olencki ist herausfordernd. Mit Kindern und Jugend- lichen gibt es viele Aktivitäten, viele mit religiösen Themen. 

 

Die Verleihstation in Wirek besteht weiter, ist aber zusammengeschlossen mit der Station in Kattowitz. Es werden hauptsächlich Rollstühle und Rollatoren verliehen. 

 

Sehr beeindruckt hat uns das Bild „Soul und Body“, das ein vierzehnjähriges Flüchtlingsmädchen für Pfarrer Olencki gemalt hat. 


Chorzów/ Königshütte

Nächstes Ziel unserer Reise war Chorzów/ Königshütte (450 Gemeindemitglieder) mit Pfarrer Cichy und seiner Frau. Dieses Jahr gibt es keine Konfirmanden. Die Jugendarbeit war Gesprächsthema mit Jugendausflügen, Familienpicknick im Juli. Geplant ist weiterhin ein Orgelkonzert. 

 

Die Verleihstation läuft auf Sparflamme, viele Dinge sind noch ausgeliehen. Frau Cichy wies darauf hin, dass durch die gestiegenen Hygienevorschriften aufgrund Covid19, die Verleihaktivitäten schwieriger geworden sind. Bei neuen Anfragen wird oft nach Kattowitz oder Hindenburg verwiesen. 

 

Im Pfarrhaus sind 3 ukrainische Familien untergebracht. Begleitet wurde eine allein- stehende Mutter mit krebskranken Kind, das aufgrund der Situation in der Ukraine dort nicht mehr behandelt werden kann. 


Katowice/Kattowitz

Am späten Dienstagnachmittag sind wir in Katowice/Kattowitz (ca. 700 Gemeindemitglieder) bei Bischof Niemiec eingetroffen. Im Mittelpunkt des Bischofs steht im Augenblick die Vorbereitung der Versammlung des Lutherischen Weltbundes in Krakau im September mit 800 Teilnehmern aus aller Welt.

 

Die Verleihstationen funktionieren ausgesprochen gut, besonders herausgehoben hat Bischof Niemiec diejenigen in Kattowitz, Hindenburg, Ruptau und Oppeln. Im Rahmen der Hilfen für Ukraine-Flüchtlinge gab es staatliche Mittel, die auch zur Anschaffung von Betten genutzt worden sind. Bischof Niemiec sieht daher im Augenblick für Kattowitz keinen zusätzlichen Bedarf. Der Platz für die Verleihstation ist erweitert worden. Die Gemeinde hat eine VW Caravelle angeschafft, die auch für den Transport der Rehageräte genutzt wird. Nach Aussage von Bischof Niemiec, ist die mit Mitteln der Johanniterstiftung angeschaffte Software zur Verwaltung der Verleihstationen generell in den Pfarreien im Einsatz und unterstützt gut. Auch der Austausch von Geräten zwischen den einzelnen Verleihstationen ist leichter geworden. 

 

Für das Diakoniezentrum „Sonnenland“ plant Bischof Niemiec im kommenden Jahr eine Krippe für Kinder zwischen 5 Monaten und 3 Jahren einzurichten. Da die Regierung 100.000 Krippenplätze schaffen will, steht schon für die Vorbereitung ein höherer Betrag zur Verfügung. Für den laufenden Betrieb wird der Staat künftig monatlich 800 Złoty pro Kind zahlen. Mit einem zusätzlichen Zuschuss der Kirche kann der Elternbeitrag und auch die Belastung der Gemeinde niedrig gehalten werden. 

 

Die zu Anfang des Krieges in der Ukraine gekommenen Flüchtlinge sind in Kattowitz geblieben und belegen weiterhin die Wohnungen im Pfarrhaus und im „Sonnen- land“. Da sie keine Arbeit haben oder Rentner sind, fehlt ihnen Geld für die Zahlung der Miete.

 

In der Gemeinde finden viele Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen statt, zu denen auch ukrainische Kinder eingeladen sind. Drei Frauen aus der Gemeinde unterrichten unentgeltlich seit einem Jahr eine ukrainische Gruppe in Polnisch. 

 

Im Zusammenhang mit den Konfirmandenfahrten der Diözese an die Stätten der Reformation wurde mit Bischof Niemiec über die gestiegenen Kosten für die Busfahrt und Übernachtung gesprochen. 


Jastrzębie- Zdroj-Ruptawa/RuptauJastrzębie- Zdroj-Ruptawa/Ruptau

Am nächsten Tag sind wir nach Jastrzębie- Zdroj-Ruptawa/Ruptau zu Pfarrer Ratka- Matejko gefahren. Dort haben wir ebenfalls Pfarrer Czyż aus Pless angetroffen, der auch gedolmetscht hat. Ruptau hat 750 Gemeindemitglieder und Pless 1500 Gemeinde- mitglieder. Dieses Jahr findet in Ruptau keine Konfirmation statt, da die Jahrgänge im vergangenen Jahr aufgrund einer Schulreorganisation zusammengelegt wurden. 

 

Die Verleihstation in Ruptau läuft gut, es werden noch zerlegbare, elektrische Pflege- betten benötigt. 

 

Die Jugendarbeit in beiden Gemeinden ist sehr aktiv. Dabei besteht eine Herausforderung darin, dass durch Inflation und gestiegene Heizkosten sich viele Familien die Teilnahme ihrer Kinder an Jugendaktivitäten nicht mehr leisten können. Zusätzlich entstehen der Gemeinde Kosten durch die unentgeltliche Mitnahme von ukrainischen Kindern. 


Wodzisław/Loslau

Die nächste Station war Wodzisław/Loslau mit Pfarrer Ferek (730 Gemeindemitglieder). Das Gespräch wurde wie immer von Frau Ortner begleitet. Es wurde über die alternde Gemeinde gesprochen. Ein weiteres Thema waren die ukrainischen Flüchtlinge. Positiv zu vermerken ist, dass die Flüchtlingskinder in die Sonntagsschule kommen und auch die Eltern in den Gottesdienst gehen. Ein großer Prozentsatz der Flüchtlinge ist wieder in ihre Heimat zurückgekehrt bzw. in Großstädte umgezogen oder weitergezogen. Im Bereich Jugendarbeit wurde von regelmäßigen Treffen, Radtouren auf einer ehemaligen Bahntrasse nach Tschechien, gemeinsamen Ausflügen und einem großen Diözesan- Jugendtreffen in Ruptau erzählt. 

 


Zabrze/Hindenburg

Die letzte Station in der Diözese Kattowitz war Zabrze/Hindenburg (530 Gemeindemitglieder). Wir wurden von Frau Wacławik freudig begrüßt. Außerdem nahmen Frau Glogowski und Frau Twardoch teil. Sie hatten die ganze Nacht über Unmengen herrlicher Piroggen für uns zubereitet. Pfarrer Dawid selbst, der seit einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt ist, haben wir leider nicht angetroffen. Unter der Abwesenheit des Pfarrers leidet das gesamte Gemeindeleben.

 

Aus der Gemeinde Hindenburg studieren zur Zeit drei Studenten in Warschau Theologie, nämlich der Sohn von Pfarrer Dawid und die Söhne des Kurators. Thema waren auch hier die ukrainischen Flüchtlinge, deren Anzahl zurückgeht. Im Unterschied zu anderen Gemeinden bleiben die in Hindenburg untergebrachten Flüchtlinge unter sich und kommen auch nicht in den Gottesdienst. 

 

Die Verleihstation ist vorbildlich geführt, aufgrund des unermüdlichen Einsatzes von Frau Twardoch und auch mit Hilfe der vor Ort programmierten MS-Dos Software zur Inventarisierung der Rehabilitationsgeräte. Auch hier wurde zusätzlicher Bedarf für zerlegbare, elektrische Pflegebetten angesprochen. 


Breslau

Am letzten Tag unserer Reise sind wir in Breslau in der Christophori Gemeinde (98 Gemeindemitglieder) angekommen. Pfarrer Długosz präsentierte uns sehr ambitioniert seine Ziele für die Gemeinde. Es werden Gottesdienste in Deutsch, Polnisch, Ukrainisch und Englisch gehalten. Das lebendige Gemeindeleben besteht aus Kaffeetrinken, Gesellschaftsspielen, Altennachmittagen, Sprachkursen, zweistufig für Ukrainer in Polnisch und für Polen in Ukrainisch, Seniorenbesuchen und vielem mehr. Von den Ukraine-Flüchtlingen sind inzwischen viele wieder abgereist. Deshalb können auch die Gästezimmer im Pfarrhaus in Zimpel wieder für Übernachtungen angeboten werden, neuerdings auch über Booking.com. Der Turm der Gustav-Adolf- Kirche muss saniert werden. Für das Gebäude hinter der Kirche verfolgt Pfarrer Długosz weiter die Idee, dort einen Kinder- garten einzurichten, da der Staat pro Kindergartenplatz zukünftig 2.000 Złoty monatlich zahlt. Ein Baugutachten liegt vor, ein Problem ist aber noch der Denkmalschutz.

 

Schwester Lidia wies darauf hin, dass für die Verleihstation Bedarf an Betten, Rollstühlen besteht. 

ER Sebastian Freiherr v. Gregory, ER Henrik Graf v. Haslingen, RR Carl-Theodor v. Lieres